Herforder Straße 50 Das Haus Herforder Straße 50 nach einer Skizze von Gustav Ristow
Am 1. Oktober 1879 traten die sogenannten Reichsjustizgesetze in Kraft, deren Kernstück das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 war, das die Justizorganisation erstmals reichseinheitlich regelte.
Die Bezirke der vorherigen Appellationsgerichte Hamm, Münster, Paderborn und Arnsberg wurden zu dem neuen Oberlandesgericht Hamm verschmolzen.
Dessen Bezirk wurde in die Landgerichtsbezirke Bielefeld, Paderborn, Münster, Dortmund, Essen, Duisburg, Arnsberg und Hagen aufgeteilt. Diese Aufteilung wurde durch die Neugründung der Landgerichte Bochum (1892) und Siegen (1933) wieder verändert. Während durch die Bildung dieser neuen Landgerichte lediglich innerhalb des Hammer Bezirks die Grenzen verschoben wurden war die 1947 erfolgte Eingliederung von Detmold für Hamm ein Zugewinn, wie früher die Abgabe des Landgerichtsbezirks Duisburg an das 1905 neu errichtete Oberlandesgericht Düsseldorf für Hamm einen Verlust dargestellt hat.

Im Landgerichtsbezirk Bielefeld wurden die Amtsgerichte Bielefeld, Bünde, Gütersloh, Halle, Herford, Lübbecke, Minden, Bad Oeynhausen, Petershagen, Rahden, Rheda, Rietberg, Vlotho und Wiedenbrück eingerichtet. Als "Geburtsurkunde" unseres heutigen Amtsgerichts kann die mehrfach ergänzte königlich preußische Verordnung betreffend die Errichtung von Amtsgerichten vom 26. Juli 1878 aufgrund des § 21 des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz gelten. Mit Ausnahme der aufgelösten Amtsgerichte Petershagen, Rheda, Rietberg und Vlotho besteht diese Aufteilung des Landgerichtsbezirks seit nunmehr nahezu 130 Jahren.

Das Amtsgericht in Bad Oeynhausen hatte seinen Sitz zunächst in dem Haus Herforder Straße 50. Sein Bezirk umfasste die Ämter Rehme und Löhne und vom Amt Hausberge die im Weserknie gelegenen Gemeinden Holtrup und Vennebeck, die über die frühere Fähre in Rehme näher an Bad Oeynhausen als an Minden lagen.
Dabei ergab sich eine Kuriosität: Die Gemeinde Vennebeck bildete mit der kleineren Nachbargemeinde Costedt, die zum Amtsgericht Minden gehört, einen gemeinsamen Schiedsmannsbezirk. Je nach dem Wohnsitz des von den Gemeinden gewählten Schiedsmanns pendelte nun der Schiedsmannsbezirk Vennebeck-Costedt zwischen den Amtsgerichten Bad Oeynhausen und Minden. Da die Räumlichkeiten in dem alten Amtsgericht in der Herforder Straße 50 nicht mehr ausreichten, baute die Justizverwaltung 1911 ein Gebäude in der Bismarckstraße 12.
Hier war zunächst noch die Außenstelle Bad Oeynhausen-Rehme des Katasteramts untergebracht. Diese wurde am 01.10.1937 nach Minden verlegt.

Im 2. Weltkrieg wurde das Amtsgericht Vlotho zeitweise vom Amtsgericht Bad Oeynhausen mitverwaltet.
Das ehemalige Gerichtsgefängnis wurde 1943 Jugendarrestanstalt.
Am Schluss des Krieges war die Errichtung eines Luftwaffenlazaretts mit 60 Betten im Gebäude des Amtsgerichts vorgesehen. Es blieb jedoch bei der Anlieferung der Betten.
Als Bad Oeynhausen der Sitz der Britischen Rheinarmee wurde, konnte bei der Räumung des Amtsgerichts nur ein Teil der Akten mitgenommen werden. Die Briten brachten die verbliebenen Akten auf Müllhalden oder verbrannten sie. Die Grundbucher wurden dank weitgehender Mithilfe der Bevölkerung, die sie von den Müllhalden zurückbrachte, aber überwiegend gerettet. Doch Grundakten, Nachlassakten und andere wichtige Akten waren in erheblichem Umfang verloren.
Die geretteten Akten wurden zunächst in einer Fabrik in Rehme, dann bei Thielker neben dem Amtshaus in Werste und später im Schloss Ovelgönne untergebracht.

 

Jugendarrestanstalt
Am 08.01.1946 fand das Amtsgericht dann in der Mindener Straße 10 – der früheren Villa des Fabrikanten Krutmeyer, damals im Besitz von Ernst Rauch / Heisterholz – eine Unterkunft und begann zu arbeiten.
Im Dezember 1954 gaben die Briten das Gebäude des Amtsgerichts frei. Nach seiner Erneuerung konnte am 01.04.1955 die Arbeit dort wieder aufgenommen werden.
Die Jugendarrestanstalt wurde bis Anfang 1958 vom britischen Militär als Standortgefängnis in Anspruch genommen, in dem Untersuchungshäftlinge (Soldaten) und Soldaten mit Haftstrafen unter 28 Tagen untergebracht wurden. Am 16.02.1959 wurde das Haus als Jugendarrestanstalt mit einer Kapazität von 42 Einzelbetten wiedereröffnet. Auf Grund dieser Kapazität erhielt die Jugendarrestanstalt als Einweisungsbezirke die Landgerichtsbezirke Bielefeld, Detmold, Dortmund, Paderborn und später zusätzlich den größten Teil des Landgerichtsbezirks Münster. Sie war in den ersten Jahren stets voll belegt und hatte Wartezeiten von mehr als 3 Monaten. Später wurde sie entlastet. Der Einweisungsbereich der Jugendarrestanstalt umfasste bis zu ihrer Schließung im Jahre 1992 eine Einwohnerzahl von 3,2 Millionen.

 

Innenhof
Mit Ablauf des 31.12.1973 wurde durch das sogenannte Bielefeld-Gesetz das Amtsgericht Vlotho aufgehoben und sein Bezirk dem Amtsgericht Bad Oeynhausen zugeschlagen. In Vlotho wurde eine Zweigstelle des Amtsgerichts Bad Oeynhausen errichtet. Nach der Erstellung des Erweiterungsbaues des Amtsgerichts in den Jahren 1973 bis 1975, bezogen im Februar 1975,  wurde diese Nebenstelle zum 30.06.1975 aufgelöst.

In den Jahren 1975 bis 1978 wurde der Altbau des unter Denkmalschutz stehenden Gerichtsgebäudes umfassend renoviert.

 

Mit der Umstellung der Registerführung des Handels-, Genossenschafts- und Vereinsregisters auf EDV erfolgte bezüglich des Handels- und Genossenschaftsregisters eine Neuregelung der Zuständigkeiten. Zwischen dem 22.01.2004 und 10.09.2004 wurden diese Aufgaben der Amtsgerichte Minden, Herford, Lübbecke, Bünde und Rahden dem Amtsgericht Bad Oeynhausen übertragen. Mit einem Bestand von derzeit cirka 4.600 Firmen in HRA und circa 7.800 in HRB gehört das Amtsgericht Bad Oeynhausen zu den größten Registergerichten im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm.

Zwischen dem 19.06.2009 und dem 15.10.2009 erfolgte sodann im Rahmen der Neuregelung der Zuständigkeiten die Konzentration der Vereinsregistersachen der Amtsgerichte Bünde, Herford, Lübbecke, Minden und Rahden beim Amtsgericht Bad Oeynhausen. Das Amtsgericht Bad Oeynhausen ist nunmehr im Rahmen der elektronischen Datenverarbeitung für circa 3.200 Vereine zuständig.